Korrosionsmonitoring

Korrosionsmonitoring: Überflüssiger Luxus?

Was soll's. Die Autos rosten ja doch weiter. Und nach 50 Jahren ist eine Wasserleitung eben fertig.

Diese fatalistische Ansicht wird zwar oft geäußert, ist aber einerseits nicht ganz richtig, andererseits führt solche Haltung nicht gerade zur Verbesserung der Zustände.

Um es auf den Punkt zu bringen: Korrosion kostet in den USA jährlich 275 Mrd US$, in Deutschland rechnet man mit 4% des Bruttosozialprodukts. Ein fröhlicher Optimist könnte also zu Recht behaupten: Korrosion sei ein willkommenes Stimulanz der Wirtschaft und ein Motor des Fortschritts. 

Im Ernst: Der Chef eines Supermarkts, der 4% Verluste durch Diebstahl hinnähme, würde als Fehlbesetzung betrachtet. 4% des Betriebsvermögens vorzeitig durch Korrosion zu verlieren, erscheint offenbar als Schicksalsschlag. Dabei ist es durchaus möglich, die Schäden signifikant zu verringern.

Was ist Korrosionsmonitoring?

Unter Korrosionsmonitoring versteht man Methoden, mit denen man den korrosionschemischen Zustand einer Werkstoffoberfläche ermitteln kann.

Dazu können verschiedene Methoden benutzt werden. Deren Auswahl wird vom Objekt und den Angriffsbedingungen bestimmt.

Korrosionsmonitoring

-     informiert über den Zustand einer Anlage
-     warnt vor bevorstehenden Schäden
-     warnt bei riskanten Prozeßzuständen
-     läßt verschiedene Werkstoffe unter Einsatzbedingungen vergleichen
-     informiert über Umnutzungsmöglichkeiten

Damit liefert Korrosionsmonitoring die Entscheidungsgrundlage für den Anlagenbetreiber, rechtzeitig die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.

Unfälle können verhindert werden. Menschenleben können nicht in Geldwert ausgedrückt werden. Aber die Sicherheit der Beschäftigten verbessert Motivation und damit direkt die Produktivität des Personals.

Umweltschäden können verhindert werden. In Konsequenz wird damit der gute Ruf des Unternehmens bewahrt und damit auch der Unternehmenswert. Behördliche Auflagen oder gar Betriebsstillegungen in Folge eines Unfalls können vermieden werden.

Schäden an einer Anlage führen meistens zu Sekundärschäden. Darunter sind direkte Schäden an benachbarten Anlagenteilen zu verstehen, jedoch auch notwendige kostenträchtige Reinigungsarbeiten in der Umgebung.

Korrosion einer Produktionsanlage verunreinigt das Produkt. Gezieltes Monitoring verbessert die Produktqualität, erhöht den Wert des Produkts und den Ruf des Unternehmens.

An Anlagen und beweglichen Gütern, die für den Einsatz zu einem nicht vorhersehbaren Zeitpunkt bereitgehalten werden, führt Korrosion zu einem Verlust der Einsatzbereitschaft und damit u.U. zur Fehlfunktion im entscheidenden Augenblick. Geeignetes Monitoring kann hier die Einsatzbereitschaft sichern.

Korrosionsbeläge führen oft zu einer Verminderung des Wirkungsgrads einer Anlage. Monitoring kann auch hier zu Kosteneinsparungen verhelfen.

Überflüssige Investitionen durch Bevorratung von Ersatzteilen oder verfrühte Ersatzbeschaffungen können vermieden werden. Entsprechend kann man durch die Kenntnis der Korrosionsparameter auf die Verwendung unnötig teurer Materialien oder Komponenten verzichten.

Die aus dem Monitoring resultierenden Erkenntnisse führen zu optimierten Wartungsintervallen und verringern damit die Wartungskosten und erhöhen die Lebensdauer der Anlage.

Schließlich sei noch erwähnt, daß durch Korrosionsmonitoring natürlich auch die Versicherungsprämien sowie Kosten durch Rechtsstreitigkeiten verringert werden.

Vor allem: Ungeplanter Anlagenstillstand und Produktionsausfall werden verhütet.

 

METHODEN ZUM KORROSIONSMONITORING

Unter Korrosionsmonitoring versteht man die ständige Überwachung bzw. die Überwachung einer Metalloberfläche in kurzen Abständen. Inspektionen oder begleitende Messungen, die in längeren Zeitabschnitten durchgeführt werden, fallen also nicht unter diesen Begriff. Dennoch sind z.B. Inspektionen ein wertvolles Hilfsmittel, um die durch Monitoring ermittelten Daten zu überprüfen und damit die Sicherheit des Monitoring zu erhöhen. Inspektionen sind letztlich auch die einzige Möglichkeit, die Gesamtheit einer Oberfläche zu bewerten, während die Monitoring – Verfahren schon aus Kostengründen stets auf ausgewählte Stellen des Objekts beschränkt bleiben.
 
Die Verfahren lassen sich wie folgt einteilen:

Eingriff

Intrusiv:

 

Die Messung erfolgt im Inneren eines Objekts. Dazu müssen Elektroden bzw. Sonden eingebracht werden

Nicht – intrusiv

 

Die Messung erfolgt von Außen durch die Wand eines Objekts

 

Information

Integrale Werte

 

Es wird der Zustand bestimmt, der zur Meßzeit herrscht (Wanddicke)

Differenzielle Werte

 

Es wird die momentane Korrosionsgeschwindigkeit bestimmt

Methode

Chemisch

Physikalisch

 

Welche Verfahren angewendet werden, hängt zunächst vom Objekt selbst ab, ferner von den betrieblichen Gegebenheiten. Weitere Kriterien sind der Wert der Anlage und das Gefährdungspotenzial. Durch die Kombination verschiedener unabhängiger Verfahren können gefährliche Zustände mit hoher Sicherheit frühzeitig erkannt werden.

Die wichtigsten Verfahren

Testcoupons

Die Bewertung von Testcoupons, die in einer Anlage plaziert werden verlangt den geringsten apparativen Aufwand, der Einbau der Coupons benötigt lediglich Befestigungsmöglichkeiten für die Coupons. Nachteilig ist, daß die Proben nicht beliebig entnommen und wiederverwendet werden können, da jeder Ausbau den Oberflächenzustand der Coupons verändert. Der Einbau von Coupons bedingt einen Eingriff in das Objekt (intrusiv).

Nachteile:
- Vorhersagen für zukünftiges Korrosionsverhalten sind nur bei konstanten betrieblichen Verhältnissen möglich.
- Keine Überwachung während des Betriebs

Vorteile:
- Coupons liefern wertvolle Informationen über die Korrosionsmechanismen.
- Vergleiche verschiedener Werkstoffe sind möglich

Elektrochemische Verfahren

In Anlagen, in denen wässerige Phasen oder andere Elektrolyte vorliegen, können elektrochemische Verfahren verwendet werden. Dazu zählen Potentialmessungen, Polarisationswiderstandsmessung und die Messung des elektrochemischen Rauschens.

Potentialmessungen

Wandpotentialmessungen geben Aufschluß über potentialbestimmte Oberflächenzustände, z.B. aktiv / passiv, ggf. auch Lokalkorrosion einer sonst passiven Oberfläche. Potentialmessungen sind intrusiv, Bezugselektroden müssen in das Objekt eingebaut werden. 

Nachteile:
- keine Information über Korrosionsgeschwindigkeit

Vorteile:
- Informationen zum Verhalten passiver Werkstoffe (aktiv / passiv)
- preiswerte Meßtechnik

Eine spezielle Variante der Potentialmessung ist die nicht – intrusive Messung der Potentialverteilung (FSM). Auf der Außenwand des Objekts werden zahlreiche Elektroden angeordnet, das Potentialfeld wird gemessen. Diese Methode liefert vor allem Informationen über lokale Prozesse.

Nachteil:
- aufwendige Meßtechnik
Vorteil:
- Liefert Information über großflächig variierende Korrosion.

Polarisationswiderstandsmessung

Mit der Polarisationswiderstandsmessung kann die momentane Korrosionsgeschwindigkeit direkt gemessen werden. Sie kann mit großem Erfolg in Systemen eingesetzt werden, in denen gleichmäßige Korrosion dominiert. Aus dem Polarisationswiderstand können die aktuellen Abtragsraten ermittelt werden.

Nachteile:
- Stationäre Zustände werden durch die Polarisation gestört, damit können sich an den Elektroden andere Verhältnisse einstellen als an den Objektwänden.
- Keine Bestimmung der Korrosionsgeschwindigkeit bei lokaler Korrosion möglich.

Vorteile:
- Die Korrosionsgeschwindigkeit wird in Echtzeit bestimmt.
- Relativ preiswerte Meßtechnik

Rauschmessung

Die Messung des elektrochemischen Rauschens beinhaltet je nach Instrumentierung die zeitliche Verfolgung des Potentials und/oder des Kurzschlußstroms zwischen zwei Elektroden. Diese Methode bringt insbesondere dann wertvolle Informationen, wenn passive Oberflächen je nach Betriebszustand der Anlage zeitweise lokal angegriffen werden.

Nachteile:
- Relativ aufwendige Meßtechnik

Vorteile:
- Neuere Geräte erlauben Kombination verschiedener Verfahren, damit hohe Sicherheit der Information
- Echtzeitinformation über Korrosionsmechanismen

Messung der Wasserstoffentwicklung

In Systemen, in denen nicht nur die Korrosion, sondern vor allem auch die Wasserstoffaufnahme des Materials von Belang ist, wird gelegentlich die durch die Objektwand diffundierende Wasserstoffmenge mittels einer externen elektrochemischen Zelle bestimmt. Diese Methode ist nicht - intrusiv, die Meßzelle wird außen am Objekt angebracht.

Nachteile:
- Beschränkt auf Systeme, in denen atomarer Wasserstoff vom Objekt absorbiert wird.

Vorteile:
- Korrosionsgeschwindigkeit wird (mit Zeitverzögerung) direkt aus dem Wasserstoffstrom berechnet

Nachweis bestimmter Ionen aus dem Wandmaterial

Analog zur Wasserstoffentwicklung kann auch durch die Auflösung von Metallen erzeugte Ionenkonzentration im Elektrolyten gemessen werden. In ruhenden Umgebungen (Tank) kann das als integrative Methode bezeichnet werden, in Fließsystemen (fofern nicht im Kreislauf betrieben) als differenzielle Methode. In ruhenden Systemen ist die Methode intrusiv, in Fließsystemen hann sie durch Messung an einem Bypass als Grenzfall der intrusiven Methode eingeordnet werden.

Physikalische Verfahren

Die meisten physikalischen Verfahren bilden die aktuelle Wanddicke ab, einen bestimmten Oberflächenzustand (auch Rißtiefe etc.). Sonderverfahren wie z.B. Schallemissionsmessungen können Informationen über Rißbildung liefern, sind jedoch nicht für industrielles Monitoring geeignet.

Ultraschallmessungen

Die nicht – intrusive Wanddickenmessung durch Ultraschall ist sicher die bekannteste Methode, die Restlebensdauer eines Apparats oder einer Rohrleitung durch Messung der Wanddicke zu ermitteln. Darüber hinaus eignet sich diese Methode auch zum Aufspüren von Rissen.

Nachteil:
- Wegen zu schlechter Auflösung der Wanddickenmeßwerte keine laufende Berechnung der Korrosionsgeschwindigkeit möglich

Vorteile:
- Auch bei Erosionskorrosion einsetzbar

Wirbelsstrommessungen

Mit Hilfe der Wirbelstrommethode kann man nicht nur Wanddicke und ggf. Risse bestimmen, sondern auch Sonderformen der Korrosion wie z.B. interkristalline Korrosion nachweisen. Auch die Wirbelstrommessung ist nicht - intrusiv.

Vor- und Nachteile: siehe Ultraschallmessung

Elektrische Widerstandsmessung

Der elektrische (ohmsche) Widerstand einer Draht- oder Folienprobe wird laufend gemessen, im Fall gleichmäßiger Korrosion kann daraus die Korrosionsgeschwindigkeit bestimmt werden.

Teilweise wird statt des ohmschen Widerstands auch der induktive Widerstand einer Probe bestimmt.

Nachteil:
- Nur für gleichmäßige Korrosion sinnvoll
Vorteil:
- Auch bei Erosionskorrosion oder reiner Erosion einsetzbar

Es gibt noch eine Reihe weiterer Verfahren, die derzeit noch nicht für industrielles Monitoring eingesetzt werden. Dazu gehören z.B. die magnetometrische Messung von Korrosionsströmen sowie die Messung des Masseverlustes mit Hilfe der Quarzfrequenzwaage.

Alle genannten physikalischen Verfahren liefern integrale Meßwerte.

Indirektes Monitoring

Da das Korrosionspotenzial eines Objekts durch die Gesamtheit der chemischen und physikalischen Einflüsse bestimmt wird, ist die Überwachung der jeweiligen Größen eine indirekte Methode des Korrosionsmonitoring. Zu solchen indirekten Methoden gehört die ständige Überwachung der Temperatur und des pH – Werts ebenso wie die Messung von Temperatur, Leitfähigkeit oder bestimmten Einzelionenkonzentrationen bis hin zur Überwachung von Biofilmen. Solche indirekten Methoden müssen jedoch durch direkte Meßmethoden zunächst "kalibriert" werden, da eine direkte Bewertung solcher Meßdaten nicht möglich ist. 

Durch eine Koppelung von Korrosionsmonitoring und der Überwachung weiterer Parameter kann der Zustand eines Objekts sehr gut beschrieben werden. Damit ist es schließlich möglich, die Betriebsweise einer Anlage so zu steuern, daß riskante Betriebszustände vermieden werden können. 


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